Werkstatt | Wissenschaft | Wirtschaft: Innovative Bausteine der Wärmewende

Wirtschaftsförderer und Energiespezialisten bringen Wirtschaft und Wissenschaft zusammen

Wie können die Ziele für eine Energiewende in Schleswig-Holstein erreicht werden? Welche technischen Innovationen können die Wärmewende vorantreiben? Und wie können Unternehmen und Hochschulen in diesem Bereich zusammenwirken? Zu diesen Fragen trafen sich am 29. Oktober 2019 Wissenschaftler*innen, Unternehmer*innen der Energiewirtschaft und Verbände aus dem Themenfeld Erneuerbare Energien im Kieler Innovations- und Technologiezentrum (KITZ) zur Veranstaltungsreihe WWW Sektorkopplung – dieses Mal zum Thema Innovative Bausteine der Wärmewende.

„Wir möchten mit diesem Format Wissenschaftler und Unternehmen zusammenbringen, einen Austausch ermöglichen und dafür sorgen, dass Energiethemen durch einen Wissenstransfer vorangebracht werden“, sagt Dr. Barbara Weig, Innovationsmanagerin bei der Kieler Wirtschaftsförderung. Der gemeinsamen Einladung der EE.SH, der EEK.SH, der Kieler Wirtschaftsförderung und den Partnern EnergieAgentur Schleswig-Holstein der IB.SH, WTSH und den Wirtschaftsförderungen der Kreise Rendsburg-Eckernförde und Plön waren etwa 80 Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Institutionen gefolgt.

Die Energiewende stellt Schleswig-Holstein – wie auch das gesamte Bundesgebiet – vor eine große Aufgabe: Die Treibhausgasemissionen sollen bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent und bis zum Jahr 2050 um 80 bis 95 Prozent gemindert werden. Erneuerbare Energien sind auf dem Vormarsch und gewinnen an Bedeutung. Im Stromsektor wurden im Jahr 2018 schon 37,8 Prozent des Verbrauchs in Deutschland (*) aus erneuerbaren Energien wie Windkraft, Solarenergie oder biogenen Brennstoffen und Gasen gedeckt. Im Wärmesektor ist der Anteil der erneuerbaren Energien dagegen deutlich geringer: 14,2 Prozent des Verbrauchs (*) stammen hier aus erneuerbaren Energiequellen.

Ein neuartiger Wärmespeicher für Solar- und Fernwärme

Die Überbrückung zwischen Energieerzeugung und -bedarf erfordert Speichermöglichkeiten. Dass im Zusammenspiel von Wissenschaft und Wirtschaft ganz besonders innovative Projekte entstehen können, zeigten am Dienstag Prof. Dr. Thorsten Urbaneck von der TU Chemnitz und Robert Beyer von der Firma farmatic tank systems, Hersteller modularer Behältersysteme für Energiespeicher. Im Projekt OBSERW (Oberirdischer Speicher in Segmentbauweise für Wärmeversorgungssysteme) wurde ein neuartiger oberirdischer Tankspeicher für den Bereich von 500m³ bis 6.000m³ entwickelt. Eine besondere Herausforderung, denn die Segmentbauweise bei Wärmespeichern (bis 98°C) wurde hier erstmalig angewendet. Die ganze Präsentation hier zum Nachlesen.

Wärmespeicherung im geologischen Untergrund als Baustein der Wärmewende

„Dem Wärmemarkt kommt eine Schlüsselrolle bei der Transformation des Energiesystems zu“, sagt Prof. Dr. Sebastian Bauer von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. „Der Wärmesektor macht in Deutschland etwa 50 Prozent Anteil am Primärenergiebedarf aus.“ Die Erhöhung der Menge an erneuerbaren Energien ist zwar ein wesentlicher Aspekt der Energiewende, von Bedeutung ist aber vor allem auch die Speicherung der Wärmeenergie. In seinem Vortrag Wärmespeicherung im geologischen Untergrund als Baustein der Wärmewende machte Prof. Dr. Sebastian Bauer am Dienstag deutlich, welch enorme Speicherpotenziale der geologische Untergrund wegen seiner großen und räumlich verteilten Kapazitäten bietet. Regenerative Wärmequellen produzieren vor allem im Sommer, der Wärmebedarf bestehe in erster Linie im Winter und ist räumlich auf Städte konzentriert. Wärmespeicher im städtischen geologischen Untergrund wirken dabei der Flächenknappheit in Städten entgegen – im Gegensatz zu oberirdischen Speichern. Weitere Informationen zum Projekt erhalten Sie unter www.angus-projekt.de. Die ganze Präsentation hier zum Nachlesen.

Nutzung urbaner Abwärme

Für eine verstärkte Nutzung urbaner Abwärme als Energielieferant sprach sich am Dienstag Prof. Dr.-Ing. Ute Urban von der Technischen Hochschule Lübeck aus. Ziel sollen neben einem klimaneutralen Gebäudebestand bis 2050, der Einbindung von Solarthermie und der effizienten Wärmebereitstellung mittels Wärmepumpen auch die Erschließung von Abwärmequellen wie beispielsweise aus Abluftanlagen oder Abwassern von Wäschereien, Schwimmbädern und Haushalten sein. Ihre Hochrechnung der in Deutschland nutzbaren Abwasserwärme ergibt einen rechnerischen Anteil an den heutigen erneuerbaren Energien von 5,88 Prozent. Die ganze Präsentation hier zum Nachlesen.

Ein eindrucksvolles Beispielprojekt dazu brachte Falko Ender, Energiemanager bei den Lübecker Entsorgungsbetrieben, mit. In Zusammenarbeit mit der Technischen Hochschule wurden Pläne für den Einbau eines Abwasserwärmetauscher ausgearbeitet, der 2015 in der Ratzeburger Allee eingesetzt wurde. Der Lübecker Bauverein investiert zeitgleich in neue Mehrfamilienhäuser, wodurch die Bedingungen für die Abwasserwärmenutzung ideal sind. Die Präsentation mit Impressionen zu den Kanalbauarbeiten hier zum Nachlesen.

Ressourcennutzung regionaler Biomassen in der Wärmewende

„Biomass-to-energy“: Wie Gras- und Grünschnitt zu Brennstoffen verarbeitet und in der Wärmeversorgung eingesetzt werden können, erklärte an diesem Tag Florian Burmeister, Bereichsleiter Energieerzeugung beim Kieler Unternehmen get2energy. „Abfallbiomassen werden sinnvoll genutzt, indem sie zur Herstellung eines Regelbrennstoffs eingesetzt werden, der die Norm für biogene Festbrennstoffe nach DIN einhält“, erklärt Florian Burmeister. Grundlage dafür seien nicht etwa gezüchtete Nutzpflanzen, sondern biogene Rest- und Abfallstoffe – also Pflanzen, die sonst vor allem kompostiert werden. Das ist beispielsweise Grünschnitt aus kommunalen und privaten Garten- und Parkanlagen, Landschaftspflegegras von Naturschutzflächen oder auch Ackergras aus der Landwirtschaft. Daraus entsteht Brennstoff für die regionale Wärmeversorgung – eine innovative und CO2-neutrale Alternative zu Holzpellets. Die ganze Präsentation hier zum Nachlesen.

Wir bedanken uns bei allen Referent*innen für die spannenden Vorträge und bei allen Partner*innen für die gelungene Veranstaltung!

Bei Fragen zum Thema freut sich KiWi-Projektleiterin Dr. Barbara Weig auf Ihre Kontaktaufnahme!

 

(*) Quelle: Bundesumweltamt.de